Workshop Berliner Atelierhäuser ¡United No.2!

Workshop Berliner Atelierhäuser United No.2

Viel ist passiert seit dem ersten Berliner ¡artists unite! Treffen im März 2023: NWAGTK war beim Vorstand des bbk berlin, beim (alten) Senat für Kultur und wir haben unseren Themenkomplex dort in die Verwaltung gegeben, wir waren beim Runden Tisch der Liegenschaftspolitik im Abgeordnetenhaus und haben dort unser Netzwerk und die Situation der Ateliergemeinschaften in Berlin vorgestellt, trafen die Kulturraum gGmbH, die Landesgruppe Kultur der Grünen und wir sind in unserem Bezirk weiter in engem Austausch mit den Stadtrat*innen für Kultur und für Stadtentwicklung und Bauen.

Seit dem Sommer gibt es einen neuen Kultur- und einen neuen Stadtplanungssenator, einen neuen Haushalt, weitere personelle Veränderungen bei verschiedenen für uns wichtigen Stakeholdern – wir vernetzten uns immer weiter und Termine werden weiter auch mit allen alten und neuen Gesichtern geplant.

Vor diesem Hintergrund luden wir zum Follow-up Workshop mit Künstler:innen aus Ateliergemeinschaften in ganz Berlin in die Uferhallen.

 

 

Martin Schwegmann – Atelierbeauftragter für Berlin

Als Gast hielt Martin Schwegmann einen Impulsvortrag. Er ist Architekt und Stadtforscher; seit April 2017 Atelierbeauftragter für Berlin im Kulturwerk des bbk berlin, das seit 30 Jahren zusammen mit der GSE eine Atelierprogramm für Berlin entwickelt.
 
Martin Schwegmann berichtete, dass er schon einige Initiativen von Künstlergemeinschschaften in der Arbeitsraum/Atelierproblematik miterlebt und unterstützt habe. Leider seien insbesondere durch Corona einige Initiativen eingeschlafen, manchen ging einfach die ehrenamtliche Energie aus. Einige Beispiele erfolgreicher Initiativen der letzten Jahre sind:

Wichtig sei es, sich zu vernetzen und Wissen zu teilen, die Sichtbarkeit zu erhöhen und dabei erreichbare, klare Ziele zu formulieren. Aktuell gibt der Berliner Haushalt 3-5% für Kultur, das sei viel zu wenig. Die Berliner Verwaltung ist sehr mächtig und schwerfällig, die Politik steht an der Spitze und steuert diese.

Am Ende seines Impulsvortrags kündigt Martin Schwegmann seinen Abschied als Atelierbeauftragter an. Das bbk berlin sucht nun eine Nachfolge für ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

 

Berliner Atelierhäuser stellen sich vor

Für den Vorstoß auf die Landesebene ruft das NWAGTK zu einer landesweiten Vernetzung von Berliner Atelierhäusern auf. Um die Situation der Atelierhäuser in Berlin besser kennenzulernen, stellen sich die anwesenden Künstler:innen vor: (Hier in alphabetischer Reihenfolge)

 

Adalberta 9 – befinden sich in Verhandlungen für den Kauf der Immobilie – ca 40 Künstler:innen

Atelierhaus Prenzlauer Promenade e.V. – Gründung: 2015, Mietverträge für 25 Jahren, die Mieten steigen in absehbarer Zeit erheblich – ca 50 Künstler:innen

BLO – Im Juni 2024 endet der Vertrag mit der Deutschen Bahn, Zukunft noch ungewiss – ca 70 Künstler:innen

Kulturhaus Bouché e.V. – Es kommt die Sanierung, Ende 2024 müssen alle raus – in Verhandlung mit Bezirk über Dachausbau und 6 extra Exklusivverträgen für den Verein, ca 25 Künstler:innen

Eine für Alle eG – Die Dachgenossenschaft betreut mehrere Immobilien in Berlin, u.a. die Ostdorferstraße 16/18

KAOS Berlin – steht vor großen Infrastrukturproblemen, bei fehlender langfristiger Planbarkeit – ca 120 Mitglieder:innen aus den Bereichen Kunst, Design, Handwerk und mehr.

Kunstetagen Pankow e.V. (KEP) –  Zukunft ungewiss: die aktuellen Mietverträge enden zum Ende diesen Jahres – 2023! Sie mussten kündigungsbedingt in den letzten Jahren schon mehrfach umziehen – 25 Künstler:innen z.Zt. Zwischenutzer:innen im Atelierhaus Prenzlauer Promenade 149-152, 13189 Pankow

K19 – Ende Dezember droht die Sanierung der Immobilie mit unklaren Auswirkungen- ca 16 Künstler:innen

Ostdorferstr. 17/18 – Das Gebäude wird derzeit noch gebaut – ca 28 Künstler:innen

Schönfließerstraße – Senatsgefördertes Atelierprogramm mit ca 40 Künstler:innen

Treptow Ateliers – haben vorerst eine neue Adresse gefunden, allerdings sehr teuer und zu klein – ca. 30 Künstler:innen
Insgesamt sind Vertreter:innen von ca. 670 Künstler:innen in Berlin anwesend.

Uferhallen – Stehen in Verhandlungen mit den Besitzern, es geht auf und ab – ca 110 Künstler:innen

Verein KünstlerInnen im Atelierhaus Kiefholzstraße, Kiefholzstraße 19 – Zwar ist die Nutzung des Atelierhauses Kiefholzstraße für Kulturzwecke festgeschrieben. Allerdings wurden Änderungen der Mietkonditionen angekündigt. Daher drohen mögliche Mieterhöhungen und damit auch Verdrängung.

Xtro Ateliers – Das Geländer soll umfangreich saniert werden, die Zukunft der Ateliergemeinschaft ist ungewiss – ca 45 Künstler:innen

 

Insgesamt sind Vertreter:innen von ca. 670 Künstler:innen in Berlin anwesend.

 

Forderungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Ateliergemeinschaften

Bereits im Vorfeld machten sich die Ateliergemeinschaften Gedanken, wie sich die Situation in Berlin verbessern lässt. In einem gemeinsamen Workshopprozess wurden diese Forderungen zusammengefasst, verfeinert und in der Nacharbeit durch das NWAGTK ordentlich ausformuliert.

 

Kunst/Kultur schaffen ein lebenswertes urbanes Umfeld, sie sind stabilisierende und elementare Ressourcen der Zivilgesellschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes. Kunst/Kultur und die Kreativwirtschaft sind zusammen Berlins zweitstärkster Wirtschaftsfaktor. Die dauerhaft fortschreitende Verdrängung ist mittlerweile eine Vernichtung von Kulturproduktionsorten – es gibt keine Ausweichquartiere mehr!

 

  • Bestandsschutz
    • Für die Ermittlung des Bestands an Kulturproduktionsräumen braucht es einen transparentes Liegenschaftskataster/ Kulturkataster, das auch als Mietspiegel für bezahlbare Kulturproduktionsräume fungiert
    • Bestehende Atelierräume in der Innenstadt und den Außenbezirken müssen geschützt werden und im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten bleiben!
    • Die Immobilienwirtschaft muss in die Verantwortung genommen werden

 

  • Rechtliche, gesetzliche Verankerung von Kunst und Kultur als Daseinsfürsorge und Wirtschaftsförderung!
    • Berlin braucht ein Kulturfördergesetz, das auch den Erhalt bestehender (heterogener) Ateliergemeinschaften und die Schaffung neuer Arbeitsräume für Künstler:innen garantiert.
    • Berlin braucht die Festlegung von Quoten zur Schaffung künstlerischer Produktions- und Präsentationsräume in den Stadtbezirken (zum Beispiel 2-3 %)  
    • Gewerbemieten müssen rechtlich verankert und gedeckelt werden: es braucht ein Gewerbemietenschutzgesetz mit gesonderten Konditionen für Kulturproduktionsräume
    • Kulturproduktionsräume müssen als Gesellschaftsvorsorge eingestuft und in Bebauungsplänen verankert werden

 

  • Mehr Hilfe zur Selbsthilfe in den administrativen Strukturen!
    • Es braucht Trägerinstitution für freie Selbstorganisation von Ateliergemeinschaften/Kulturproduktionsräumen aller Art
    • Es braucht Stellen zur erweiternden Unterstützung von Selbstverwaltung und Selbsthilfe: dauerhaft arbeitende Ansprechpartner für Behörden, in Sachen Mietrecht, Genossenschaftsumwandlung, Ankauf von Gebäuden, Vernetzungsarbeit
    • Es braucht eine:n Landesbeauftrage:n für Ateliergemeinschaften als langfristige Ansprechstation beim Land und Bezirk für Ateliergemeinschaften an der Seite des:r Atelierbeauftragte:n für das Land
    • Es braucht bezirkliche Atelierbeauftragte, um die Kulturschaffenden, den:die Landesbeauftragte:n und die Bezirksverwaltungen zu unterstützen
    • Es muss ein Nothaus für bedrohte Gemeinschaften geschaffen werden.

 

  • Förderprogramme
    • Die Senatsverwaltung erkennt bereits an, dass die existierende heterogene Kulturszene auch ein Wirtschaftsfaktor ist. Diese muss mit Förderung bedacht werden wie jede andere Branche: der Anteil der Kulturförderung muss an die Höhe der Wirtschaftsförderung angeglichen werden. Es braucht gezielte Maßnahmen, denn ohne die Freie Szene existiert auch keine Exzellenz!
    • Es braucht Förderung für gewerbliche Genossenschaften durch Regelungen vom Land Berlin, z.B. durch Übernahme von Genossenschaftsanteilen, Vergabe von staatlichen Krediten
    • Die Förderangebote und Projektunterstützung muss auch für Gewerke gelten, die für die Kulturproduktion unerlässlich sind: kleingewerbliche Werkstätten!
    • Die Direktvergabe von Grundstücken oder Gebäuden an bestehende Gruppen muss möglich sein

 

  • Gesprächsformate
    • Für die Entwicklung dieser Instrumente und weiteres gemeinsames Vorgehen von Bund, Land, Bezirken, Verwaltungen, Verbänden, BIM, Kulturraum gGmbH, etc. muss jetzt Gesprächsformate mit allen Akteur:innen entwickelt werden!
    • Es braucht ein dauerhaftes Format für die Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Kunstschaffenden zur Sicherung und Verbesserung von Kunst- und Kulturstandorten
    • Die Führung muss beim Senator für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt liegen.
    • Es müssen neue Konzepte zugelassen, Strukturen überdacht und Offenheit seitens Politik und Verwaltung für neue Lösungswege erbracht werden.
    • Es braucht eine Verlässlichkeit der Zusagen.
    • Es braucht Transparenz in Planung von landeseigenen Bauprojekten mit allen Beteiligten im Sinne soziostruktureller und nachhaltiger Planung der Nachbarschaft!

 

Wir Künstler:innen müssen auch für uns selbst das Bewusstsein schärfen, dass wir nur gemeinsam stark und erst als Masse sichtbar und schlagkräftig sind. In unseren Gemeinschaften, in unseren Kiezen, in den Bezirken, im Land.
Wir können und wir müssen politischen Druck aufbauen!

 

 

Ausblick

  • NWAGTK arbeitet von Treptow-Köpenick aus weiter an Vernetzung zwischen Bezirk und Land, Verbänden und Verwaltung

 

 

  • Es braucht Öffentlichkeit und Kommunikation. Ein kleine Gruppe hat sich zusammengetan, um mögliche Ideen für Aktionen für mehr Sichtbarkeit weiter zu entwickeln:
    • Politische Aktionen
    • Fahnen raus
    • Social Media Kampagne
    • Publikum und Kieze aktivieren mit offenen Türen und Art Week

 

  • Es braucht ebenfalls eine prägnante Broschüre mit Bildern, wesentlichen Informationen und Forderungen der Ateliergemeinschaften. Diese muss medienwirksam auf einer Pressekonferenz vorgestellt werden
    • Warum ist Kunst unterstützenswert? (Berlin boomt deshalb!)
    • Visionen darstellen!
    • Fördergelder müssen für das weitere Vorgehen requiriert werden. Zum Beispiel beim bbk berlin, bei der Kulturraum gGmbH, Senatsverwaltung, oder privaten Fördergebern und Stiftungen.
    • Ein weiteres Treffen ¡artists unite III! soll im Herbst stattfinden