Auftakttreffen / Strategieworkshop

Der Workshop fand am Vormittag des 06.07.2022 in den Räumlichkeiten der Treptow Ateliers statt. Zu Gast waren verschiedene Mitarbeitende der Bezirksverwaltung und -politik von Treptow-Köpenick, Künstler:innen aus verschiedenen im Bezirk ansässigen Ateliergemeinschaften sowie einige weitere Akteur:innen. Auch Dr. Martin Schwegmann, Atelierbeauftragter Berlins (bbk), war wieder zu Gast.

 

Teilnehmende

 

 

Vision und Status Quo

Zunächst gab es eine Vorstellungsrunde aller Beteiligten. Im Zuge dessen sollten sie eine Vision für die Atelierslandschaft im Bezirk 2030 formulieren. Hier konnte festgehalten werden, dass sowohl auf Seiten der Künstler:innen und Akteur:innen als auch auf Seiten der Verwaltung und Politik der Wunsch nach einer vielfältigen, gesicherten und bezahlbaren Atelierslandschaft besteht. Es wurden jedoch auch pessimistische Töne angeschlagen: Eine unumkehrbare Verdrängung aus der Stadt durch Gentrifizierung oder ein Stillstand mit derselben Problematik, vor der man heute
steht.

Es kann damit übergeordnet festgehalten werden: Das Thema insgesamt ist angekommen und die Bedeutung für den Bezirk wird allgemeinhin anerkannt.

Umso wichtiger ist es daher, nun zu agieren und für die Erhaltung der Ateliergemeinschaften politischen Druck aufzubauen. Um festzuhalten wo man steht wurde der Workshop in verschiedene Arbeitsphasen/Stationen gegliedert. Hier wurde anhand von Plakaten und Akteur:innen- Netzwerken (Mind Maps) festgehalten, was der heutige Status quo ist (Was besteht schon?/Was fehlt noch?) und ein Ausblick auf zukünftig zu entwickelnden Strukturen gegeben.

In der ersten Arbeitsphase (Status quo) teilten die Teilnehmer:innen ihre bereits gemachten Erfahrungen miteinander und klärten, welche wichtigen Akteur:innen bereits bekannt sind, deren Rollen und wie diese bereits jetzt vernetzt sind. Auch sollte geklärt werden, wo sich Leerstellen innerhalb der bestehenden Verhältnisse auftun. Es zeigte sich, dass bereits in der Vergangenheit sowohl durch die Künstler:innen als auch auf Seiten der Politik/Verwaltung Bestrebungen unternommen wurden sich zu vernetzen, um der Problematik der Verdrängung von Kunstproduktionsräumen zu begegnen.

Es konnte dadurch bis dato jedoch keine fortwährende Bewegung erreicht werden. Dies lasse sich maßgeblich darauf zurückführen, dass es im Bezirk auf vielen Ebenen an konkreten Ansprechpartner:innen fehle und niemand direkt verantwortlich ist. Ein großes Problem, dass die Künstler:innen beklagen ist, dass es für sie keinerlei Planungssicherheit gibt. Seitens der Bezirkspolitik und -verwaltung wurde darauf entgegnet, dass es von ihrer Seite auch leider kaum Handhabe gebe, um die fehlenden Strukturen zu schaffen. Es fehle ein übergeordneter politischer Beschluss oder Gesetze, die ihnen überhaupt erst Handlungsbefugnisse einräumen würden.

Die vor Ort Anwesenden boten jedoch an, beratend und prozessbegleitend zur Verfügung stehen zu können, Ideen anzustoßen und zu verbreiten. Sie betonten, dass bei den derzeit bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen Kunst nur schwer bis gar nicht zu implementieren sei, da Kunst im Planungsrecht nicht als Handwerk gilt! Folglich müsse man insbesondere bereits bestehende Räumlichkeiten schützen und erhalten. Dazu sollte man die Räume idealerweise in die Hand der Künstler:innen überführen und diese sollten sie am besten selbstverwaltet entwickeln können.

Die anwesenden Künstler:innen bestätigten, dass sie unter bestimmten Bedingungen sowohl Finanzierung, Entwicklung und auch die Erhaltung ihrer Räume stemmen könnten. Jedoch sei man auf dem freien Markt natürlich nicht konkurrenzfähig gegenüber wirtschaftsstarken Investor:innen. Einhellig wurde man sich einig, dass es den Senat brauche, um eben jene äußeren Rahmenbedingungen zu schaffen und politisch festzusetzen. Aber auch der Kontakt zum Facility Management des Bezirks (=Verwaltung für die landeseigenen Immobilien), den landeseigenen Wohnungsbauunternehmen und auch private Investor:innen und Eigentümer:innen muss aufgebaut werden.

 

Stellschrauben

In Phase 2 sollten die bereits vorhandenen „Stellschrauben“ eruiert werden. Dabei ging es sowohl um Möglichkeiten auf Bezirks- als auch auf Landesebene. Die übergeordnete Fragestellung lautete:

Welche Formate braucht es, damit Politik, Verwaltung und Künstler:innen zielgerichtet zusammenarbeiten können? Wie können mittel und langfristig Atelierstandorte in Treptow-Köpenick gesichert und weiterentwickelt werden? Welcher „Werkzeugkoffer“ ergibt sich?

Zunächst apllierte der Atelierbeauftragte an die bezirklichen Vertreter:innen, sich zur Kunst zu bekennen und die Hebel, die sie haben, zu nutzen. Diese liegen insbesondere darin, eine Bedarfserhebung und Flächenpotenzialanalysen durchzuführen und auch zur Verfügung zu stellen. Auch solle der Bezirk temporäre Nutzungen von Leerstand befördern und Schwerpunktbereiche für Kunst und Kultur ausweisen. Er solle Flächen für das Berliner Arbeitsraumprogramm bereitstellen und sich an Konzeptverfahren beteiligen.

Die bezirklichen Vertreter:innen bekräftigten daraufhin wieder, dass dahingehend viele Schwierigkeiten bestehen, die sich auf die ihnen übergeordneten politischen Strukturen zurückführen lassen. Auch wurde ein Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen beklagt. Sie boten an, bei Flächen, die in Bebauungsplänen explizit als Gewerbeflächen gekennzeichnet sind, zwischen den Investor:innen/ Eigentümer:innen und den Künstler:innen vermitteln zu können.

Wichtig wäre dafür jedoch eine Übersicht darüber, was die wesentlichen Anforderungen für Ateliernutzungen sind. Wichtige Kriterien seien hier: Eine tragfähige Vermietungsdauer, Objektanforderungen in Bezug auf Zustand, Fläche und Ausstattung, sowie Fördermöglichkeiten. Unbedingt solle man, wie bereits erwähnt, im Bestand ansetzen. Neubauten sind bei den derzeitigen Baukosten schlicht zu teuer. Damit wird es unumgänglich, die privaten Investor:innen und Eigentümer:innen einzubeziehen. Dies bildete nun auch die Überleitung zur Landesebene.

Landesebene

Es brauche gemeinsame Konzepte mit dem Senat und eine umfassende Ausseinandersetzung über die bestehenden (aber auch fehlenden) Fördermöglichkeiten für Ateliergemeinschaften. Auch der Erwerb von Liegenschaften durch genossenschaftliche Projekte und eine mögliche Erweiterung des Berliner Konzeptverfahrens könne man nur im Austausch mit dem Senat voranbringen. Eine Frage, die sich hier stellt ist außerdem, ob in die Regelung des Berliner Erbbaurechts aufgenommen werden könnte, die Erdgeschossflächen von Gebäuden für Ateliers nutzbar zu machen. Weiterhin bräuchte es eine bereits lange geforderte Novellierung des Baugesetzbuches und des Gewerbemietrechts (Bundesebene).

Zusammenfassend wurde festgehalten, dass Ziel sein muss die bestehenden Probleme auf Bezirksebene in den Senat zu tragen, um dort die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

 

AUSBLICK

Auf den ersten beiden Arbeitsphasen aufbauend ging es nun darum, die nächsten Schritte zu erörtern, Ziele zu formulieren und idealerweise konkrete Aufgabenpakete zu schnüren. Es wurde angestoßen, dass die Bezirkspolitik innerhalb des Bezirksamtes Vertiefungsanfragen zur Sicherung und Neuschaffung von Kunst- und Kreativstandorten stellen sollte. So möchte man dem politischen Auftrag näherkommen und sich weiter vernetzen und
Handeln anregen.

Ressortübergreifend sollen Abstimmungsrunden zu dein Einzelthemen des komplexen Gefüges der Erhaltung von Ateliergemeinschaften etabliert werden. Intern solle geprüft werden wie Zentren- und Einzelhandelskonzepte, sowie Erdgeschossnutzungen aktiviert werden können. Im weiteren Verlauf müssen dafür insbesondere die Gewerbeflächenmanagements des Bezirks (Wirtschaftsförderung und Facility Management) einbezogen werden. Es muss gescannt werden, welche Kunst- und Kulturstandorte bereits in der Hand des Landes liegen und Entwicklungspotenziale bieten (Stichwort: Urbane Optionsflächen).

Übergeordnet festgehalten wurde: Es braucht die Schaffung von Modellprojekten innerhalb des Bezirks, Konzepte zur Mehrfachnutzung und unbedingt auch die Schaffung eines Runden Tisches auf Landesebene. Dort muss angestoßen werden, wie man Kunst und Kultur ins Berliner Konzeptverfahren aufnehmen könnte und was es braucht, damit landeseigene Flächen nutzbar gemacht werden können. Auch hier bleibt die Frage: Wer ist hier die Ansprechperson?

Abschließend zum Workshop wurde festgehalten, dass es nun kleinerer Arbeitsgruppen bedarf, um produktiv weiter zu arbeiten. Die Bezirksstadträte sollten sich zusammenschließen und gemeinsam Lösungsstrategien entwickeln und klare Aufträge an die verschiedenen Abteilungen stellen. Diese braucht es, denn die Verwaltungsmitarbeitenden können nur auf Weisung tätig werden. Dafür braucht es den politischen Druck der Bezirksverordnetenversammlung.

Die Gründung des Runden Tisches
auf Bezirks- und Landesebene ist
so schnell wie möglich anzustoßen!